Sichere Ufer – aber für wen?

Neuburger Nachhaltigkeitsgespräche thematisieren Erfahrungen, Versäumnisse und Perspektiven im Hochwasserschutz

Beim Abschlussabend der diesjährigen Neuburger Nachhaltigkeitsgespräche drehte sich am 3. Juni alles um ein Thema, das in Bayern aktuell Wunden offenlegt: der Hochwasserschutz. Unter dem Titel „Sichere Ufer – Hochwasserschutz heute und morgen“ diskutierten Vertreter aus Wissenschaft, Politik, Praxis und Zivilgesellschaft am Campus der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) über Erkenntnisse ausgehend vom Hochwasser an mehreren Flüssen in der Region im Frühsommer 2024 und notwendige Lehren für eine resilientere Zukunft.


Prof. Dr. Tobias Liepert, THI-Professor für Wasserbau und Kreislaufwirtschaft, erläuterte zu Beginn zunächst einige neue Herausforderungen in Zeiten des Klimawandels. Extremwetter sei längst keine Ausnahme mehr. „Wir müssen nicht nur Wasser steuern, sondern Verantwortung“, so Liepert. Hochwasserschutz bedeute mehr als Technik – es gehe um Planung, Kommunikation und gemeinsames Handeln über Zuständigkeitsgrenzen hinweg.


Emotional wurde es, als Andreas Wenger von der Bürgerinitiative „Hochwasserschutz Jetzt!“ über seine Erlebnisse im überfluteten Schrobenhausen berichtete. Binnen Stunden stand das Wasser im Haus, trotz vermeintlicher Sicherheit. Schutzpläne existierten seit Jahren – doch, so seine Kritik, niemand habe gehandelt. „Wir wurden im Stich gelassen“, sagte Wenger.


Dr. Johann Habermeyer, 2. Bürgermeister von Neuburg a.d. Donau, legte dar, wie Kommunen und Gemeinden mit Hochwassererfahrungen umgehen (können). Nach dem Jahrhunderthochwasser 1999 habe die Stadt Neuburg investiert – in Technik, Einsatzpläne und Koordination. „Das hat sich bezahlt gemacht“, erklärte Habermeyer. Neuburg blieb vom Hochwasser im Jahr 2024 weitgehend verschont. „Politischer Wille und eine klare Linie machen den Unterschied“.


Aus Gutachterperspektive schilderte Andreas Girtner eindrücklich, wie Hochwasser sich auf Lebensentwürfe auswirken können: „Viele Menschen stehen plötzlich vor zerstörtem Eigentum, ohne zu wissen, was sie tun sollen“, so Girtner. In diesen Situationen seien schnelle Reaktionen gefragt. Wer Fotos, Protokolle und Zeugenaussagen rechtzeitig sichert, kann im Schadensfall effektiver Hilfe erhalten. Girtner kritisierte auch Unsicherheiten im Versicherungssystem und appellierte an Bürgerinnen und Bürger, aktives Risikomanagement zu betreiben. Denn, Hochwasser betreffe nicht nur Häuser in Flussnähe, vielmehr treffe es den, der oder die nicht vorbereitet sei.


Die Diskussion machte deutlich, dass Hochwasserschutz eine kollektive Aufgabe ist. Dafür braucht es Mut zur Entscheidung, Bereitschaft zur Veränderung und Blick über Gemeindegrenzen hinaus.